Las Vegas

Fear and Loathing in Las Vegas? Wohl eher Food and Shopping in Las Vegas! Diese Woche beweise ich, dass man auch ohne Glücksspiel und Alkohol Spaß in Sin City haben kann und wage mich zudem an einem „Ocean‘s Eleven“ nicht unähnlichen Betrugs-Versuch.

Las Vegas wirkt auf den ersten Eindruck irrsinnig künstlich und geschmacklos - mit seinen funkelnden Leuchtreklamen und goldenen Fassaden sieht der Strip ein bisschen so aus, als hätte sich Donatella Versace darauf übergeben. Glücksspiel und Alkoholexzesse - eben jene Dinge, für die die Sin City so berüchtigt ist - sollen mir zudem erst in zwei Jahren gewehrt sein. Aus diesem Grund vermutete ich, hier keinen Spaß haben zu können. Doch weit gefehlt! In Las Vegas - dem dritten und letzten Stopp meines zweiwöchigen Westküsten-Roadtrips - hatte ich bis jetzt mit Abstand das größte Vergnügen. Ich muss gestehen, dass ich mir äußerst schwer dabei tue, diese Kolumne zu schreiben, da ich einen stechenden Schmerz in meiner rechten Hand verspüre, der wohl auf exzessives Durchziehen meiner Kreditkarte zurückzuführen ist. Abgesehen von den vielen Einkaufsmöglichkeiten, kann ich als schwuler Mann mit einer Vorliebe für verruchte Comedy vermutlich auch nicht anders, als Las Vegas toll zu finden: Allein in den vergangenen drei Tagen sind Margaret Cho (!), Kathy Griffin (!!) und Joan Rivers (!!!!!!!!) hier aufgetreten (ob nun schwul oder nicht: ich lege jedem Leser ans Herz, sich einen Nachmittag lang diese drei Damen auf YouTube anzusehen).

Da die Spieler-Metropole ringsum von Wüste umgeben ist, ist es hier furchtbar heiß und trocken. Zuflucht findet sich in den klimatisierten Hotels und Shopping Malls, die unter anderem Paris, Venedig und das antike Rom imitieren. Dort ist es wiederum so kalt, dass es sich empfiehlt, nicht nur Winterbekleidung, sondern auch einen Sherpa (sehr praktisch, um Einkäufe zu tragen) mitzunehmen. Okay, ich bin nicht Al Gore und lasse aus Bequemlichkeit auch manchmal das Licht brennen und den Fernseher laufen, wenn ich mal eben das Haus verlasse (versuche dann aber, meine Faulheit mit den Worten „Einbrecher sollen denken, dass die ganze Familie zuhause ist!“ zu rechtfertigen). Aber dass es auf Dauer nicht gut sein kann, extreme Hitze mit extremer Kälte zu bekämpfen, weiß sogar ich. Das erinnert mich an den denkwürdigen Tag, als ich restbetrunken zur Schule ging und meinem Alkoholpegel entgegenwirken wollte, indem ich am Morgen einen fünffachen Espresso kippte, was nur darin resultierte, dass ich mich in der großen Pause übergeben musste.

Wie dem auch sei: Ich war gerade bei American Apparel einkaufen (ein Hipster-Laden, der in Europa furchtbar überteuert, aber in Amerika wirklich erschwinglich ist), als mich die Kassiererin fragte, ob ich mich in Vegas denn schon an Glücksspielen gewagt hätte. „Leider nein,“ entgegnete ich, „ich bin noch nicht 21.“ Die Verkäuferin sah mich unglaubwürdig an, als hätte ich sie gerade davon überzeugen wollen, dass Elvis sehr wohl noch am Leben ist und die Regierung uns anlügt. „Du siehst aber bereits älter als 21 aus!“. Wer meine Kolumne öfter verfolgt, weiß, dass Alter ein heikles Thema für mich ist und Verkäufer (oder zumindest jene, die überleben wollen) nie den Fehler machen sollten, mich älter zu schätzen. Im Normalfall hätte diese Aussage enorme Wut in mir ausgelöst und fatale Folgen gehabt - selbst in Europa hätte man dann vermutlich Schlagzeilen über die schreckliche „American Apparel Geiselnahme“ lesen können. Doch da ich mich gerade in Las Vegas befand, leuchtete über meinem 19jährigen Köpfchen eine kleine Glühbirne auf. Hmmm, ich sehe also älter als 21 aus...

Nein, ich suggeriere hier nicht, dass ich illegalerweise Glücksspiel betrieben habe. Stattdessen werde ich euch die Geschichte meines ebenfalls 19jährigen Freundes erzählen - nennen wir ihn „Mark“ -, der auch in Las Vegas war, eine wöchentliche Kolumne für den Manga-dist (ein Magazin für den progressiven, japanischen Mann) schreibt und oftmals sein ganzes Geld für Küchengeräte ausgibt. Jedenfalls wollte Mark in Las Vegas trotz Minderjährigkeit nur mal kurz sein Glück im Spiel probieren und ist daher an seinem letzten Abend in der Stadt nonchalant in ein Casino marschiert. Ehe er sich‘s versah, saß er auch schon an einem einarmigen Banditen, warf einen Quarter nach dem anderen ein und schrie in unregelmäßigen Abständen laut „Komm schon, Papa braucht einen neuen V- Hobel!“. Niemanden störte das. Da Mark jedoch kaum logisch denken kann und einer dieser sturen Menschen ist, der in Kreuzworträtseln immer viel zu lange Wörter in viel zu kleine Felder presst, hatte er schon bald sein minimales Limit verspielt. Er tröstete sich mit einem Ausflug ins Kardashian Khaos; ein Laden, der nur Fan-Artikel von Kim Kardashian und ihrer Familie verkauft. Habe ich (bzw. „Mark“) meine letzten 30$ also tatsächlich für Poker-Karten im Kardashian-Design und eine Kris-Jenner-Maske ausgegeben? Ja, aber: What happens in Vegas, stays in Vegas!

Was kann ich also nach zwei Wochen, die ich an der Westküste verbracht habe, über die Vereinigten Staaten sagen? Während ich zu Beginn meiner Reise noch der Meinung war, die USA wären extrem gegensätzlich - ein Staat, der seinen Bürgern „Freiheit“ vorgaukelt -, bin ich nun der Meinung, dass die Vereinigten Staaten von Amerika wenigerwidersprüchlich, als vielmehr facettenreich sind. Hier habe ich beinahe einen Erfrierungstod erlitten und ein paar Tage später den schlimmsten Sonnenbrand meines Lebens abbekommen. Ich habe freundliche, zuvorkommende Leute getroffen (All diese Gentlemen! Das letzte Mal, als mir in Österreich jemand die Autotür aufgehalten hat, rasten wir gerade mit 130 über die Autobahn.) und in 14 Tagen so viele Eindrücke gesammelt, dass ich nun vollkommen reizüberflutet bin. In Österreich werde ich vermutlich ziellos durch die Straßen torkeln, Tauben verfolgen und - im Glauben, es handle sich um Adler - mit Tränen in den Augen „The Star-Bangled Banner“ singen. (Und im Anschluss einen Brief an den Bundeskanzler schreiben, in dem ich mich für die landesweite Einführung von Cupcake-Automaten einsetze. Die Zeit ist reif!)

So, liebe Leser, jetzt heißt es nur noch hoffen, dass ich trotz Lufthansa-Streik sicher nach Hause komme. Ansonsten muss ich mir eine neue Existenz in Las Vegas aufbauen; vorzugsweise als Stripper, mit meiner feucht-fröhlichen Homoerotik- Show „Buchinger‘s Wet“. Kritiker sagen „0 von 5 Punkten!“ und „Ich glaube ich bin doch hetero!“.

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