Glitzerrausch

Am vergangenen Freitag brachte ich gemeinsam mit Al Axy mein erstes Lied auf den Markt, doch bevor es überhaupt so weit kommen konnte, musste ich erst einige innere Konflikte lösen. Eine Geschichte von Selbstzweifel und frittierten Süßspeisen!
 
Ende des vergangenen Jahres erhielt ich per Mail ein äußerst dubioses, wenngleich verlockendes Angebot: „Hallo Michael! Ich bin Filmstudent und drehe im kommenden Jahr meinen ersten Kurzfilm. Hast du vielleicht Interesse, darin eine tragende Rolle zu spielen?". Mal ganz abgesehen davon, dass das Angebot eine „tragende Rolle" in einem „Kurzfilm" zu spielen ein bisschen so klingt, wie „Möchtest du vielleicht die Passivrolle in einem Schwulenporno übernehmen?" und ich vor meinem inneren Auge bereits Schlagzeilen wie „Nackte Leiche in der Donau gefunden" sehen konnte, waren es vor allem meine Selbstzweifel, die mir in diesem Fall zu schaffen machten. Wie kam dieser junge Regisseur nur auf die Idee, dass ich schauspielern konnte? Klar: Es war mir mal gelungen, zwei Monate lang einen geprellten Arm vorzutäuschen, um mich vor dem Sportunterricht zu drücken, aber für viel mehr reichte meine Schauspielkunst auch nicht aus. Dankend lehnte ich also ab, verfolgte den Status des Projekts aber dennoch heimlich online. Ich muss wohl gar nicht mehr erwähnen, dass der Kurzfilm ein großer Erfolg wurde und mich mit der Frage „Warum habe ich nicht einfach Ja gesagt?" hinterließ.
 
Aus diesem Grund beschloss ich, einen wagemutigen Entschluss für das Jahr 2012 zu fassen: Wenn man mich mit einem Angebot konfrontiert, das im ersten Moment Nervosität, Übelkeit und Angst vor dem Unbekannten in mir hervorruft, sollte ich vielleicht nicht sofort die Flucht ergreifen und „Nein, das kann ich nicht, das mache ich nicht!" schreien, sondern frei von allen Selbstzweifeln noch mal genauer darüber nachdenken. Wie sonst sollte ich je neue, aufregende Erfahrungen machen? Im Endeffekt sind es doch meist die Dinge, die ich nicht getan habe, die ich später bereue. Mit dieser neuen „Einfach Ja sagen!"-Attitüde ist das Jahr 2012 für mich wohl zum aufregendsten Jahr bisher geworden: Allein in den letzten beiden Monaten habe ich einen SM-Club besucht, bin in einem Kleid durch die Straßen meines Heimatorts gezogen und habe mir eine Fritteuse besorgt - ein einschneidendes Erlebnis, seit welchem ich nach dem Motto „Alles ist besser, wenn man es ein bisschen frittiert!" lebe (heißer Tipp aus der Michael-Buchinger-Trashküche: Frittierte Marsriegel! Man sollte nicht über sie urteilen, ehe man sie nicht probiert hat).
 
Weil ich nicht nur gerne Süßigkeiten frittiere, sondern auch mit Vorliebe freche Lügen verbreite, erlaubte ich mir vor geraumer Zeit einen großen Scherz auf meiner Facebook- Seite, als ich ankündigte, ich würde demnächst ein Album auf den Markt bringen. Wer mich schon mal singen gehört hat, weiß, dass die von mir kommende Aussage „Ich bringe ein Album heraus!" ein bisschen so klingt, als würde Lindsay Lohan behaupten, sie veröffentliche einen Ratgeber mit dem Titel „Wie man die richtigen Entscheidungen im Leben trifft!". Dennoch glaubten überraschend viele Menschen meine Lüge. Alex, ein befreundeter Musiker, der unter dem Künstlernamen Al Axy seit geraumer Zeit die österreichische Popmusik-Szene aufmischt, machte mir daraufhin ein verlockendes Angebot: „Michael, es muss ja kein ganzes Album sein, aber warum bringst du nicht gemeinsam mit mir zumindest eine Single auf den Markt?".
 
Augenblicklich machten sich wieder die altbekannten Selbstzweifel in mir bemerkbar: Wie kam Alex nur auf die Idee, dass ich singen konnte? War er denn nicht dabei gewesen, als ich beim letzten Trinkabend meinte, ich müsse unbedingt alle Lieder aus „Cats" nachsingen (und nachtanzen!), woraufhin die meisten meiner Gäste plötzlich gehen mussten, weil es „schon so spät" war? Ohne Zweifel würde ich mich vollkommen blamieren, so wie sich Kim Kardashian mit absolut schrecklichem Gesang auf ihrer Single „Jam" blamiert hatte (für die ich, nebenbei bemerkt, stolz 99 Cent bezahlt habe!). Doch dann kam mir wieder mein Vorsatz für 2012 in den Sinn: Michael, du bist jetzt vielleicht nervös, weil Gesang ein unerforschtes Gebiet für dich ist, aber anstatt dir allzu sehr den Kopf darüber zu zerbrechen, was alles passieren könnte, solltest du diese Chance einfach mal ergreifen und dir dann, falls unbedingt notwendig, im Nachhinein Sorgen machen. Genau so, wie ich nicht möchte, dass die Leute über frittierte Marsriegel urteilen, ohne sie je probiert zu haben, sollte ich mir doch nicht bereits im Vorhinein eine negative Meinung über dieses aufregende Angebot bilden.
 
So sagte ich kurzerhand zu und fand mich bereits wenige Wochen später in Al Axys Aufnahmestudio wieder, um „Glitzerrausch", den wortspielreichen Sommersong, den er für uns geschrieben hatte, aufzunehmen. Ich würde an dieser Stelle ja gerne behaupten, dass ich Alex in waschechter Susan-Boyle-Manier nicht nur sofort von meiner Sangeskunst überzeugt, sondern ihn gar zu Tränen gerührt und zum berührungslosen Orgasmus gebracht hatte, doch obwohl ich von mir selbst positiv überrascht war, war ich ganz so wunderbar dann doch nicht. Trotzdem ist „Glitzerrausch" vollendet und seit vergangenem Freitag auf iTunes, Amazon und co. erhältlich. Mal ganz abgesehen davon, ob unser Songnun Anklang findet oder nicht, ist er schon allein für mich viel mehr als nur ein spaßiges Projekt unter Freunden, sondern steht repräsentativ für meine Einstellung, keine Angst mehr vor neuen, aufregenden Erfahrungen zu haben: Anders als bei dem Kurzfilm, der nicht hätte sein sollen, werde ich mir in ferner Zukunft eines Tages erneut unseren Song anhören und in Erinnerungen schwelgen: „Oh, was war ich nicht für ein wilder Kerl in meiner Jugend! Gesungen habe ich! Marsriegel habe ich frittiert!". Ich freue mich schon darauf!

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