MDNA

Am vergangenen Freitag, 23. März 2012, erschien Madonnas neues Album unter dem Titel „MDNA“. Von den einen gefeiert, wird die Sängerin jedoch von vielen kritisiert, sich nicht ihres Alters entsprechend zu benehmen.

Wer mir unterstellt, ich wäre am vergangenen Donnerstag mit einer Flasche Wein bis Mitternacht vor dem Computer gesessen und hätte auf den Moment gewartet, in dem es endlich Mitternacht wurde, damit ich eilig Madonnas zwölftes Album „MDNA“ downloaden konnte, hat leider vollkommen Recht. Doch das Warten hat sich ausgezahlt: Der neue Streich der Pop-Ikone überzeugt mit ehrlichen Texten über ihre Trennung, fetzigen Dance-Hits und vereinzeltem, gut eingesetzten Dubstep (eine Musikrichtung, zu der ich mich nach wie vor einfach nicht richtig bewegen kann, weswegen ich stets erstarrt auf der Tanzfläche stehen bleibe und Stehschlaf vortäusche, bis das jeweilige Lied zu Ende ist).

Durch Kollaborationen mit Nicki Minaj, M.I.A. und LMFAO sowie ihrer jugendlichen Bühnenpräsenz möchte Madonna ohne Zweifel auch ein jüngeres Publikum ansprechen, stößt dabei jedoch teilweise auf große Kritik. Kritiker finden, sie solle sich doch bitte ihres Alters entsprechend verhalten und geben der 53-jährigen Ikone dabei den Spitznamen „Gramadonna“. Unlängst habe ich eine Dokumentation über die britische Sängerin Lily Allen gesehen, die sich im Alter von 24 aus dem Musikgeschäft zurückgezogen hat, mit der Begründung „My idea of hell would be doing this in 25 years' time. I don't want to be like Madonna - look at her, she's mental!“ Doch haben Lily Allen und andere Kritiker Recht? Ist Madonna mittlerweile wirklich zu alt für das jugendliche Image, welches sie aufrechtzuerhalten versucht?

Madonna ist ohne Zweifel die Königin der Neuerfindung; ein wandelbares, doch stets skandalöses Chamäleon, dem es schon seit zwei Jahrzehnten gelingt, immer wieder die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit an sich zu reißen. Einst als wildes Material Girl bekannt, gab sie sich erst vor ein paar Jahren als noble Dame, die unter dem Titel „The English Roses“ Kinderbücher veröffentlichte und - obwohl sie in Michigan geboren ist - oft mit so einem ausgeprägten britischen Akzent sprach, dass man hätte meinen können, sie spiele in ihrer Freizeit gerne Cricket, fahre auf der anderen Straßenseite und bezeichne Polizisten als „Bobbys“. Nun macht  Madonna also einen auf jugendlich und sorgte erst unlängst wieder für Schlagzeilen, als sie Lady Gagas Arbeit, die sich oft an ihre eigene anlehnt, als „reductive“ (vereinfacht, plump) bezeichnete.

Als sie schließlich gefragt wurde, was denn das Geheimnis ihres jugendlichen Teints sei, antwortete Madonna, die dafür bekannt ist, jüngere Lover zu haben, nicht etwa mit „Botox“ oder „Ich bade im Blut von Jungfrauen“, sondern einfach mit „Liebe!“. (Ohje! Wenn ein aufregendes Liebesleben wirklich jung hält, werde ich vermutlich schon in ein, zwei Jahren wie 36 aussehen.) Wer die MDNA-Kampagne jedoch genauer unter die Lupe nimmt, wird vielleicht noch auf ein paar andere Hilfsmittel stoßen: So zeigt das Album-Cover die Sängerin zum Beispiel so verzerrt, dass es sich dabei genau so gut um Scarlett Johansson, Kylie Minogue oder um den Volleyball aus „Cast Away“ handeln könnte. Bei Madonnas Live-Auftritt im Rahmen der Halftimeshow des Superbowls wurde zudem gekonnt auf Nah-Aufnahmen verzichtet (ihr durchtrainierter Körper kam dafür umso besser zur Geltung). Und immer wieder tauchen unbearbeitete Photos diverser Werbekampagnen auf, auf denen Madonna dann erstmals wirklich wie 53 aussieht.

„You can try to fight getting older. You can be like Madonna and cling to youth with your Gollum arms. Or you can be like Meryl Streep and embrace your age with elegance.“ - dieses Zitat aus der US-Serie „30 Rock“ hat mich zum Nachdenken angeregt. Ist es nicht irgendwie peinlich, dass sich die Pop-Ikone an ihrer Jugendlichkeit festklammert, wie eine Hausfrau aus der Vorstadt, die achtlos mit hippen Wörtern um sich wirft, Jay-Z aber fälschlicherweise „Jay Zed“ ausspricht, im Glauben, mit den „Kids“ mithalten zu können? Wäre es nicht viel besser, Madonna würde als gutes Beispiel für Frauen ihres Alters vorangehen, indem sie einfach zu ihren Alterserscheinungen steht? Ich persönlich bin nicht dieser Meinung , denn Madonna selbst scheint nach wie vor mit Leidenschaft an ihre Arbeit zu gehen und sich dabei nicht allzu sehr um die Meinung der anderen zu kümmern. Und obwohl stets viel Wert auf das Auftreten von Popstars gelegt wird, ist es doch letztlich die Musik, die bedeutend ist und diese muss im Fall von „MDNA“ - bis auf den abartigen, „hippen“ LMFAO-Remix von „Give Me All Your Luvin‘“ - nicht unter den strengen Erwartungen der Gesellschaft leiden, sondern erfüllt diese vollkommen.

Zudem sollten die Kritiker nicht vergessen, dass Madonna viele weiblichen Pop-Stars von Heute den Weg geebnet hat. Ihr also zu sagen, dass sie sich heute nicht mehr so verhalten darf, wie es Gaga & Co. tun, Madonna selbst es aber schon seit 20 Jahren tut, ist in etwa so, wie wenn mir die Gäste einer Party, die ich veranstalte, sagen, ich hätte schön langsam genug zu Trinken gehabt und solle mich jetzt schlafen legen. Es ist meine Party! Ich habe sie gestartet und ich gehe erst, wenn ich kotze und umfalle! So - oder so ähnlich - lautet vermutlich auch Madonnas Motto.

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